Sonntag, 17. April 2011

Provokation

Was denken Sie? Gibt es mehr Genies oder mehr Doofe? (Wir wollen es mal, zum Zwecke der Demonstration, an diesen Extremen festmachen.)

Und was glauben Sie nun? Welche „“Literatur““ (trauen Sie Ihren Augen: doppelte Anführungszeichen) verkauft sich, summa summarum, am besten? Die von und/oder für Genies oder die von und/oder für Doofe? Welche wird am meisten gedruckt, abgesetzt und, was das Schlimmste ist, gelesen?

Ich erwarte auf eine rhetorische Frage natürlich keine Antwort.

Doch gibt es einen Trost, mehr noch: eine Gewissheit. In Zeiten der geistigen Verflachung (also auch in der heutigen) nimmt zwar die Anzahl der Nicht-Geistigen zu, aber umso mehr erfährt die Anzahl der verbleibenden Geistigen (denn sie werden bleiben!) dadurch Rechtfertigung, gewissermaßen Segnung. Ein Zahlenbeispiel: nehmen wir zunächst an, dass auf eine Million Nicht-Geistige ein Geistiger kommt. Und dann nehmen wir an, dass auf zwei Millionen Nicht-Geistige ein Geistiger kommt. – O, welche Steigerung, welch immenser Aufschwung des Geistes! Er hat sich schlagartig durch seine rechnerische Halbierung verdoppelt, von der Wirkung, Auswirkung her betrachtet; aber das versteht sich ja von selbst.

1 Kommentar:

  1. ... ich dachte mir, dies wäre eine Antwort wert. Eine Antwort in Sachen "Verflüchtigung" oder "Verdopplung-aus-der-Sicht-des Halbierten?" Wie auch immer....


    Jeden Tag

    Jeden Tag steige ich höher,
    setze Schritte in die Luft.
    Warte sehnsüchtig und lausche,
    wann sie neue Stufen ruft.

    Ich bin sicher, Tage tiefer,
    denken sie: wo will er hin?
    Dieses Treten auf der Stelle,
    ohne Ziel und ohne Sinn.

    Doch ich setz’ den Fuß ins blaue,
    unsichtbare Fundament.
    Meine Hand greift in die Wolken,
    die sie als den Halt erkennt,

    der die Stufen, die noch fehlen
    manchmal überspringen lässt.
    Fernes Rufen: seht, er taumelt!
    Warum hält ihn niemand fest?

    Und ich atme die Entfernung,
    die sich vor mir aufwärts schraubt.
    Zweifel unter meinen Füßen.
    Brodem, der den Atem raubt.

    Doch die Stimmen werden leiser,
    jeden Tag, mir jedem Schritt.
    Diese Treppe, glaub’ mir, Liebes,
    nimmt nur immer einen mit.

    Da du unten bleiben wolltest,
    unten, wo die Erde lag,
    dachte ich, ich geh’ alleine.
    Wie an jedem ander’n Tag.

    Damals sahst du auf die Füße
    meiner Ruhelosigkeit,
    und ich leerte meinen Rucksack,
    Stein für Stein und Streit für Streit.

    Stünden wir jetzt hier gemeinsam,
    kämpfend um ein wenig Raum,
    könnte keiner von uns beiden,
    diesen blanken Stufen trau’n.

    Drunten auf der Stelle tretend,
    bleibt ein Echo für dich da.
    Schau es an, es schweigt noch immer.
    Alles klingt so wie es war.

    Hast auf ewig meine Fragen,
    auf die du Antworten verschenkst,
    die du leicht, wie bunte Tücher
    an die ersten Sprossen hängst,

    einer Treppe, einer Leiter,
    eines Plans, einer Idee.
    Erdverbunden, fest und gerade,
    wenn der letzte Weg sagt: geh’!

    Eure Stimmen werden leiser,
    jeden Tag, mit jedem Schritt.
    Meine Treppe, glaub’ mir, Liebes,
    nimmt nur immer einen mit.

    Den, der Stufen, die nicht da sind
    einfach überspringen mag.
    Nicht aus Laune, meine Liebe,
    aus Verzweiflung - jeden Tag!

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